Frankfurt am Main, den 11.11.2020

Sehr geehrter Herr Feldmann,
sehr geehrter Herr Majer,
sehr geehrter Herr Frank,
sehr geehrte Vertreter*innen der Stadt Frankfurt,

mit großem Erschrecken haben wir von der für diesen Samstag (14.11.2020) geplanten Querdenker-Demonstration “Kein Lockdown für Bembletown” erfahren. Nach den Ausschreitungen in Leipzig und dem Nicht-Einhalten der Covid-19-Schutzmaßnahmen stellen wir uns hinter den Aufschrei von NoFragida und fragen Sie:

Wie rechtfertigen Sie die Genehmigung dieser Demonstration, während die Fallzahlen steigen und sich mit dem abzeichnenden Bild die Gefahr weiterer Ansteckungen potentiell dramatisch erhöht, der “Lockdown light” ganze Teile unseres gesellschaftlichen Lebens auf Eis legt und Menschen der Gastro- sowie Kulturbranche in ihrer Existenz bedroht?

Wie planen Sie bei einer angemeldeten Größe von 2.000 Demonstrant*innen die Einhaltung der Covid-19-Schutzmaßnahmen?

Die Bürger*innen der Stadt Frankfurt am Main haben in mühevoll erarbeiteten Konzepten zur Eindämmung der Pandemie beigetragen. Gleichzeitig militarisieren sich Coronaleugner*innen, wie vergangenes Wochenende in Leipzig geschehen: Ein großer Anteil der Demonstrant*innen entstammt rechten Gruppierungen. Für die Sicherheit der Journalist*innen und Polizist*innen vor Ort konnte nicht Sorge getragen werden, so fielen in Leipzig Medienvertreter*innen Angriffen zum Opfer, die Polizei wurde überrannt, Schilder mit “Covidjuden” relativierten die Greultaten der Nazi-Zeit, Pyrotechnik wurde angezündet.

Frankfurt am Main sollte aus den Erfahrungen der Querdenker-Demonstrationen lernen und Verantwortung für die gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Lage der Gesellschaft übernehmen!

Wir fordern Sie auf, die geplante Querdenker-Demonstration am 14.11.2020 zum Schutz der Menschen zu unterbinden!

Mit freundlichen Grüßen,

Christian Gaa, Christian (Gönni) Landsmann, Josefine Liebing, Rolf Würz, Ruwen Krieger, Saskia Moldenhauer, Sue Ehmisch, Yannic Bakhtari
(Orga AG Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt)

Unterzeichner*innen:

#NoDiscrimination
AStA der Frankfurt University of Applied Sciences
Autonomes queerfeministisches Schwulenreferat Goethe-Universität
DIE LINKE.queer Hessen
Hochschulleitung der Frankfurt University of Applied Sciences
KUSS41
LIBS e.V.
Liederliche Lesben e.V.
LSVD Hessen
JuLe-Treff
PmP e.V.
Ver.di Regenbogen
SCHLAU Frankfurt
The Second Planet e.V.
Alexander Ketterl
Antonio Gonzales Valdes
Detlev Schmidt

Kommentare:

„Aus unserer Sicht sollte Demonstrieren auch in Corona-Zeiten erlaubt sein, jedoch ist mittlerweile klar, dass kritische Querdenker-Aktionen massiv von ultrarechten und rassistischen Gruppen genutzt werden, zum Teil mit faschistischen Schlägertrupps aufzutreten. Es ist die Frage, ob eine Stadt, die sich bewusst antirassistisch gibt, so etwas im städtischen öffentlichen Raum zulässt. Wir als Kulturschaffende, die viel im öffentlichen Raum agieren, sind dagegen.“ protagon – Freunde und Förderer freier Theateraktion e.V. / antagon theaterAKTion

„[…] der Hochschulleitung ist wichtig, dass das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit respektiert wird.“ Hochschulleitung der Frankfurt University of Applied Sciences

*Anmerkung Redaktion und Bündnis Orga AG:
Uns ist selbstredend bewusst, dass in Deutschland glücklicherweise keinerlei Genehmigung für Demonstrationen von Nöten ist. Wir alle haben ein Demonstrationsrecht! „Genehmigung“ haben wir nicht juristisch gemeint, sondern im übertragenen Sinne, das heißt im Sinne von „ohne lauten Protest zuzulassen“ – wo wir doch lauten Protest seitens der Stadt Frankfurt kennen und schätzen, wie damals als „Fragida“ oder die „Demo für Alle“ versuchten Frankfurt für sich und ihre Rechte Ideologie als Bühne zu nutzen. Bei einer angemeldeten Demo, die aus Verschwörungstheoretiker*innen, Coronaleugner*innen und rechten Gruppierungen besteht, die mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit nicht nur systematisch gegen die aktuellen Corona-Auflagen verstoßen werden, sondern auch versuchen unsere demokratische Gesellschaftsordnung anzugreifen – im Sinne ihre Meinung ist die einzig richtige Meinung, sehen wir lauten Protest mehr als angebracht.

Offener Protestbrief zur geplanten Querdenker-Demonstration am 14.11.2020 in Frankfurt am Main

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