Beschimpfungen, Anrempeln, Faustschläge bis hin zum Kieferbruch – allein seit März 2022 wurden sechs Fälle homo- und transfeindlicher Gewalt im sogenannten Frankfurter Regenbogenviertel unweit der Konstablerwache bekannt. Die Dunkelziffer dürfte, so heißt es aus der LSBTIQ+ Community, um ein Vielfaches höher sein. Ein Aktionsbündnis bestehend aus der AIDS-Hilfe Frankfurt (AHF), dem Förderverein Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt e.V. sowie dem CSD Frankfurt e.V.
schlägt nun Alarm. Die Organisationen warnen vor einer „Spirale der Gewalt gegen queere Menschen“ und fordern die Politik zum unverzüglichen Handeln auf, bevor die Lage weiter eskaliert.
In einem offenen Brief an den hessischen Innenminister Peter Beuth, Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann und Bürgermeisterin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg wird die kurzfristige Einberufung einer Sicherheitskonferenz für die queere Community und das Frankfurter Regenbogenviertel rund um Alte Gasse, Schäfergasse, Elefantengasse, Große Friedberger Straße und Konstablerwache gefordert. Außerdem müsse die Polizeipräsenz vor Ort schnellstmöglich erhöht
werden.
„Die Politik muss jetzt handeln, bevor diese Welle der Gewalt Todesopfer fordert, wie etwa jüngst in Oslo oder vor einigen Jahren in Florida“, heißt es in dem Offenen Brief der Verbände. Am 25. Juni 2022 hatte ein Attentäter in dem bei queeren Menschen beliebten Osloer Club ‚London Pub‘ um sich geschossen und zwei Menschen getötet. Vor sechs Jahren kam es in Orlando zu einem Blutbad, als ein Attentäter im Pulse-Club um sich schoss.
Neben den geforderten Sofortmaßnahmen brauche es langfristig ein tragbares Sicherheits- und Awareness-Konzept der Stadt Frankfurt und der Polizei zur Verbesserung der Sicherheit der LSBTIQ+ Community (Safe Place) auf Grundlage einer dezidierten Analyse von Risikofaktoren und Sicherheitslücken. Dazu zählten neben einer dauerhaften, vertrauensbildenden Polizeipräsenz im Regenbogenviertel auch geschulte Polizeibeamt*innen zum richtigen Umgang und Ansprache der
Community. Das Anzeigen von Gewalt gegen LSBTIQ+ müsse einfacher und die Sichtbarkeit der Möglichkeit der online-Anzeige erhöht werden.
Über die Polizeiarbeit hinausgehend brauche es Präventionsarbeit und Sensibilisierung im Umgang mit Gewalt gegen LSBTIQ+ und eine langfristige Sicherung unterstützender Strukturen und Einrichtungen, die zur Stärkung von LSBTIQ+ Community beitragen, Angebote zur Krisenintervention unterbreiten und gewaltpräventiv tätig sind.
Wir fordern daher als Organisationen der LSBTIQ+ Community folgende Sofortmaßnahmen um der
aktuellen Gewaltwelle zu begegnen:
- Sofortige Aufstockung der Polizeipräsenz im Queeren Bermuda Dreieck (Alte Gasse,
Schäfergasse, Elefantengasse, Große Friedberger Straße, Konstablerwache) - Zeitnahe Sicherheitskonferenz zur Verbesserung der Sicherheit der Queeren Community der
Stadt Frankfurt mit Vertreter*innen der Community und der Polizei
Langfristige Forderung
- Sicherheits- und Awareness-Konzept der Stadt Frankfurt und der Landespolizei zur
Verbesserung der Sicherheit der LSBTIQ+ Community (Safe Place) auf Grundlage einer
dezidierten Analyse von Risikofaktoren, Sicherheitslücken und Bedarfen der LSBTIQ+
Community - Schulung der Polizeibeamt*innen zum richtigen Umgang und Ansprache der Community
- Dauerhafte Polizeipräsenz im Queeren Bermuda Dreieck mit einem klaren Bekenntnis, dass
es Racial Profiling gibt - Bildungs- und Sensibilisierungskurse in allen Behörden hinsichtlich Queerfeindlichkeit,
Sexismen, Ableismen, Alterismen und Rassismen - Anzeigen von Gewalt gegen LSBTIQ+ vereinfachen, Sichtbarkeit der Möglichkeit der Online-
Anzeige erhöhen - Präventionsarbeit und Sensibilisierung im Umgang mit Gewalt gegen LSBTIQ+, auch innerhalb
der Community - Langfristige Sicherung unterstützender Strukturen, Einrichtungen und Akteur*innen, die zur
Stärkung von LSBTIQ+ Communities beitragen, Angebote zur Krisenintervention unterbreiten
und gewaltpräventiv für und mit LSBTIQ+ arbeiten. - eine Stadtgestaltung mit ausreichend Beleuchtung von Straßen und Plätzen
Zitatblock
ZITAT: Aids-Hilfe Frankfurt e.V.
„Das Regenbogenviertel nahe der Konstablerwache ist das Zuhause der LSBTIQ+ Community in Frankfurt, die Herzkammer dieser Subkultur. Das Viertel bietet mit seinen Einrichtungen – von Bars und Clubs bis hin zum queeren Jugendzentrum und dem Beratungszentrum der der AIDS-Hilfe – zahlreiche „Safe Places“. Die Welle der Gewalt in diesem Teil der Stadt wirkt daher weit über die unmittelbaren Betroffenen dieser Gewaltstraftaten hinaus. Ein Gefühl der Unsicherheit stellenweise
sogar Angst greift um sich. Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, drohen ausgerechnet die Straßen rund um den Regenbogenkreisel zu einer zumindest gefühlten No-Go-Area zu werden“, so Fachbereichsleiter Carsten Gehrig von der AIDS-Hilfe Frankfurt e.V..
ZITAT: CSD-Verein
„Als CSD-Verein arbeiten wir seit vielen Jahren vertrauensvoll mit der Polizei zusammen. Die Polizei sichert unsere Demo-Veranstaltung und ist auch mit einem Info-Stand auf der CSD-Infostraße vertreten. Sicherheit für unsere Community ist aber nicht nur zum CSD-Wochenende von entscheidender Bedeutung, sondern auch darüber hinaus. Es braucht langfristige und ganzjährige Sicherheitskonzepte für die Community“, so die Presssprecher*in des CSD Frankfurt e.V. Gwen Iffland
und Sebastian Reggentin.
ZITAT: Förderverein Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt e.V.
„Bereits seit zwei Jahren machen der Förderverein Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt e.V. und das Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt auf die dramatische Situation aufmerksam und stellte im Frühjahr Forderungen auf. Im Kampf für Akzeptanz und Respekt einer vielfältigen Gesellschaft ist ein Diskurs zu Konzepten notwendig, wie wir uns alle wohl und sicher fühlen. Mit unserem Zusammenschluss stellen wir uns gemeinsam als Vertreter*innen und Sprachrohr der queeren Community gegen diese Menschenfeindlichkeit und fordern ein Frankfurt ein, dass allen Menschen ein sicheres Zuhause ist“, sagt Josefine Liebing, Vorstandsmitglied des Fördervereins Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt e.V.
Mit freundlichen Grüßen
AIDS-Hilfe Frankfurt e.V. (Geschäftsleitung und Vorstand), CSD Frankfurt e.V. (Vorstand), Förderverein Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt e.V. (Vorstand)
Anmerkung der Redaktion: Die Forderung “Dauerhafte Polizeipräsenz im Queeren Bermuda Dreieck mit einem klaren Bekenntnis, dass es Racial Profiling gibt” meint keine Befürwortung von Racial Profiling, sondern eine klare Auseinandersetzung mit der Thematik. Bezüglich eines gemeinsamen Austauschs geplant ist in Kürze ein Treffen des Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt, um allen Stimmen Gehör zu verschaffen. Nähere Informationen folgen demnächst über den Verteiler der Orga AG. Wir bitten um ein wenig Geduld, da wir alle ehrenamtlich arbeiten. Vielen Dank.