Frankfurt am Main, den 18.11.2020
Die Ereignisse auf der Frankfurter Zeil am vergangenen Samstagabend (14.11.2020) haben uns schockiert und erschüttert. Es kam zu einem brutal queerfeindlich gewaltvollen Angriff durch mehrere Personen (überwiegend junge Männer), auf eine 20-jährige Person (bekannt unter dem Namen „KweenDrama“). Die Tat wurde per Video aufgenommen und verbreitete sich sehr schnell in den sozialen Medien. Wir sind entsetzt von der unterlassenen Hilfeleistung der umstehenden Personen, von denen nur eine Person zum Telefon griff und die Polizei alarmierte. Es befanden sich zu der Zeit laut Polizeibericht ca. 150 Personen auf der Zeil.
Im offiziellen ersten Polizeibericht (201115) zu der Tat wird der queerfeindliche Hintergrund des Angriffs nicht genannt. Aktuell werden queerfeindliche Angriffe nach der Richtlinie für den Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD) erfasst. Nach Rücksprache mit den Kollegen der Ansprechpartner*innen für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Polizei Frankfurt wird aktuell zum Motiv eines LSBTIQ-feindlichen Angriff auf der Zeil ermittelt. Um den Angriff als queerfeindlich für die Statistiken an das Landeskriminalamt weiterzuleiten, geht es um das Motiv der Tat, nicht um die sexuelle oder geschlechtliche Identität der geschädigten Person.
Sue Ehmisch, Mitglied im Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt, sagt hierzu: „Für mich ist jeder Angriff auf eine queere Person, dazu gehört auch jede Form von Diskriminierung, eine Straftat und diese sollte daher nicht nur gesetzlich verfolgt und bestraft werden, sondern auch in einer Statistik getrennt nach Straftaten wie z.B. Straftat gegen Homosexuelle, Lesben, Transsexuelle usw. erfasst werden.“ Aktuell werden Straftaten nicht nach der sexuellen und geschlechtlichen Identität gesondert aufgeschlüsselt, sondern es wird eine Gesamtstatistik über Straftaten mit queerfeindlichem Motiv geführt. Ein Hintergrund hiervon ist laut Polizei, dass eine statistische Erhebung der Personalien auch zum Nachteil der Personen führen kann (siehe der rosa Winkel im Nationalsozialismus). Wir unterstützen dennoch die Aussage von Sue Ehmisch, da eine Differenzierung vor allem eine statistische Sichtbarkeit von transfeindlichen Übergriffen schaffen und damit einhergehend eine Sensibilisierung nicht nur der Gesellschaft, sondern auch der Polizei unterstützen würde!
Aus der nicht sofortigen Veröffentlichung der aktuellen Ermittlungen zu einem queerfeindlichen Hintergrund ergibt sich außerdem die große Problematik der fehlenden gesellschaftspolitischen Anerkennung und Bewusstmachung von queerfeindlicher Gewalt. Die Aufklärung des Falls dauert noch an, die Polizei ist über Zeugenaussagen dankbar (unter 069 / 755-35108; Ermittlungen werden geführt im Haus des Jugendrechts Höchst).
Vor allem ruft das Bündnis zu Solidarität und aktiver Hilfsbereitschaft aller Menschen bei der Beobachtug von körperlicher Gewalt auf! Steht nicht nur daneben, schaut nicht weg und greift ein!
Wir erklären unsere Solidarität und unser Mitgefühl mit dem Opfer des queerfeindlichen Angriffs.
Saskia Moldenhauer, Sue Ehmisch, Josefine Liebing, Ruwen Krieger, Christian Gaa,Christian (Gönni) Landsmann, Rolf Würz
(Bündnis Orga AG)